Sonntag, 14. April 2013

Unsere Familie vor der Diagnose F84.5



Inzwischen ist alles so normal bei uns in der Familie, dabei ist es noch gar nicht so lange her, da glaubte ich, die Hölle auf Erden zu haben. Schon seltsam, was eine Diagnose alles verändern kann. Bei uns hat sie unser Leben verändert, positiv verändert. Früher gehörten Wutausbrüche bei unserem Sohn zum normalen Tagesablauf, man konnte fast schon die Uhr nach stellen. Gereizt waren alle bei uns, freundliche Wörter kamen kaum noch über die Lippen. Gegenseitige Vorwürfe, Tränen der Verzweiflung, ein ständig schreiendes und verweigerndes Kind, Stress, alles war vorhanden, nur keine Ruhe, kein richtiger Familienzusammenhalt, keine glückliche Familie. Dabei fing alles so harmonisch und glücklich an.

Ich kenne meinen Mann schon aus Kindheitstagen, wir wohnten in der selben Straße. Aber als Kinder haben wir nie zusammen gespielt. Erst im jungen Erwachsenenalter haben wir so langsam Kontakt zueinander gefunden. Es entwickelte sich eine super Freundschaft. Wir haben uns anfangs nie oft gesehen, aber irgendwie hatten wir einen Draht zueinander und jeder wusste vom anderen, das er für einen da ist, wenn wir einander brauchten. So war es dann auch, als ich eines Abends den Sohn meiner Freundin bei mir hatte, damit sie mal ausgehen konnte. Ich hütete derweil unsere beiden Kinder zu Hause. Dann klingelte es und mein „Mann“ kam zu Besuch. Kurze Zeit später wurden beide Kinder kurz hintereinander wach, sie waren damals 6 Monate und 1 ½ Jahre alt. Mein Besuch nahm mir sofort und wie selbstverständlich ein Kind ab und kümmerte sich drum, bis es wieder eingeschlafen war. In diesem Moment betrachtete ich meinen „Mann“ zum ersten Mal nicht nur als guten Freund, sondern stellte mir auch vor, wie es wäre, wenn wir so eine kleine perfekte Familie hätten. Aber es blieb halt bei einer sehr guten Freundschaft. Das Lied von Klaus Lage „1000 Mal berührt, 1000 mal ist nichts passiert“ passte wohl wunderbar auf uns zu, denn wir kamen wirklich erst 9 Jahre später fest zusammen.

Da mein Mann in der Zwischenzeit auch schon eine gerade gescheiterte Ehe hinter sich hatte, aus denen 2 Kinder hervorgegangen sind und ich ja alleinerziehend war mit meinem inzwischen fast 10jährigen Sohn, waren wir von diesem Moment eine perfekte Patchwork-Family. Die Kinder untereinander verstanden sich prima und auch wir kamen gegenseitig super mit den Kindern des anderen aus. Alles war perfekt. Wir waren einfach nur glücklich und waren uns beide einig, das eine Ehe nicht in Frage kommt und auf keinen Fall ein weiteres Kind.

Manchmal kommt es anders als man denkt. Nach vier Jahren wurde ich dann doch ungewollt schwanger. Nun, wir bekamen also ein nicht geplantes/gewolltes, aber doch erwünschtes gemeinsames Kind. Aufgrund meines Alters riet der Arzt mir zu einer Fruchtwasseruntersuchung, der ich einwilligte. Eigentlich war mir das Ergebnis total egal, aber ich wünschte mir so sehr noch einen Jungen und von daher konnte ich das Ergebnis dieser Fruchtwasseruntersuchung kaum abwarten. Als der erlösende Brief endlich eintraf, traute ich erst gar nicht, ihn zu öffnen. Zum Glück siegt bei mir oftmals die Neugier. Ein Junge!!! Ich schrie durchs ganze Haus vor Freude. Wir waren einfach nur glücklich – obwohl wir uns wohl über eine Tochter genau so gefreut hätten.

Die Schwangerschaft verlief aus meiner Sicht einfach nur furchtbar. Anfangs mit den typischen Übelkeiten, denen ich mich gute 3 Monate hingeben musste. Dann kamen schon kurze Zeit später Schmerzen während den normalen Bewegungen. Nach einer Untersuchung wurde festgestellt, dass sich einige Wirbel bei mir ausgerenkt hatten. Dazu musste ich zu einer Sportärztin, die sich mit einrenken während einer Schwangerschaft gut auskannte, da man dies nicht einfach mal so machen sollte. Ich wurde während der gesamten Schwangerschaft Stammpatient bei ihr. Nach einer weiteren Untersuchung wurde festgestellt, dass sich mein Becken ebenfalls verschoben hatte. Der Unterschied von der rechten zur linken Beckenseite lag bei 5 cm. Jeder Gang schmerzte, ich wurde bis auf weiteres krankgeschrieben, denn so konnte ich nicht arbeiten.
Als dann endlich die Wehen einsetzten mit gut 10 Tagen nach dem errechneten Termin, fuhr mein Mann mich ins Krankenhaus. Die Wehen kamen inzwischen regelmäßig in 5-minütigen Abständen, aber der Wehenschreiber zeigte nichts dergleichen an. Als endlich eine Untersuchung angeordnet wurde, stellte man fest, das der Muttermund bereits 8 cm auf war und trotz der fehlenden Wehen am Wehenschreiber die Geburt langsam vorbereitet werden sollte. Langsam….ich glaubte mich zu verhören. Als man mich in den Kreissaal brachte, hatte ich bereits Wehen im Abstand von 3 Minuten und endlich zeigte auch der Wehenschreiber mal etwas an. Gerade als der Arzt noch einmal schauen wollte, wie weit der Muttermund nun geöffnet war, platzte meine Fruchtblase und das ganze Wasser lief raus. Im nächsten Moment hatte ich auch schon die erste Presswehe. Kaum hatte ich diese schmerzvoll überstanden, bat ich um eine PDA (Peridualanästhesie). Diese wurde abgelehnt, genauso wie andere schmerzlindernde Mittel. Es machte sich bereits die nächste Presswehe bemerkbar, also der Arzt plötzlich sagte, „nicht pressen – schön durchhalten, nur nicht pressen“. Gut gesagt, er war ja nicht in meiner Lage, ich wollte aber pressen und dieses Kind endlich in die Freiheit entlassen. Kaum waren die Worte vom Arzt ausgesprochen, verschwand dieser auch mit Hebamme und Schwester und ich war ganz allein mit meinem Mann im Kreissaal. Es kam mir wie eine halbe Ewigkeit vor, bis endlich ein ganzes Ärzteteam einschließlich Narkosearzt wieder hereinkamen. Ich verstand kaum, wovon alle redeten, da mich der Schmerz so in seiner Gewalt hatte, dass ich fast taub war. Der Narkosearzt versuchte mit mir ein Aufklärungsgespräch zu führen. Ich wollte einfach nur noch, das endlich alles vorbei ist und so schoben sie mich schnell in den OP zwecks Vollnarkose und Kaiserschnitt.

Nachdem ich wieder zu mir kam, wurde mir kurz noch einmal erläutert, warum so plötzlich und unerwartet der Kaiserschnitt eingeleitet werden musste. Es gab eine Geburtskomplikation: Geburtsstillstand in der Eröffnungsphase. Zum Glück ist alles gut gegangen. Mein Sohn war wohlauf. Während der OP ist den Ärzten zwar noch ein kleiner Fehler unterlaufen, sie haben wir die Blase mit aufgeschnitten, so dass ich 4 Tage mit einem Urinbeutel umherlaufen musste. Aber das war während des Krankenhausaufenthaltes wohl das kleinste Übel. Mein Kind schrie nur, es war kaum zu beruhigen. Brust anlegen war schier unmöglich und so blieb es natürlich nicht aus, dass ich am dritten Tag einen Milchstau hatte. Dank der totalen Überforderung der Krankenschwestern wurde dies trotz mehrfachen Hinweises von mir nicht behandelt. So kamen aufgrund eines schreiendes Kindes, der Schmerzen des Milchstaus, eines Kindes, dass 2 Stunden nicht auffindbar war (waren wohl die schlimmsten 2 std. meines Lebens) auch noch Wochenbettdepressionen hinzu. Alles war perfekt. Nach 5 Tagen habe ich mich auf eigene Verantwortung aus der Klinik entlassen. Ich suchte sofort meine Gynäkologin auf, damit sie mich behandeln konnte. Der Milchstau war bereits so akut, das sie mir nur noch raten konnte, abzustillen. Und das, bevor ich eigentlich so richtig angefangen habe zu stillen. Erst Kaiserschnitt, dann kein Stillen, wie sollte ich eine erste feste Bindung zu meinem Kind aufbauen. Meine Ängste kamen wieder, die ich bei meinem ersten Sohn schon hatte, aber hier fehlten diesmal jegliche Gefühle in mir. Nachdem ich kurze Zeit später von meinen Schmerzen befreit war, konnte ich mich dann aber doch etwas intensiver um meinen Sohn kümmern und ich merkte schon beim Anblick, das ich dieses Kind ebenso lieben könnte, wie meinen Erstgeborenen. Aber der Stress zuhause lies nicht nach. Er war nur am schreien, schlafen war für ihn ein Fremdwort. Er schaffte es mehrmals täglich für ca. 20 min., leider verliefen so auch die Nächte. Das Trinken mit der Flasche war genauso kompliziert, wie anfangs das Anlegen an der Brust. Auch wenn wir ihn auf den Arm nehmen wollten, damit er mal etwas weniger schrie, wir erreichten damit das Gegenteil. Meine Nerven lagen schon fast blank. Selbst das Windel wechseln und an- und auskleiden, immer nur mit Geschrei. Der Kinderarzt konnte nichts feststellen. Eines Tages, ich war mal wieder dabei, die Flasche zu verabreichen, da klingelte das Telefon. Ich legte meinen Sohn aufs Sofa, gab ihn mit einer Hand die Flasche und mit der anderen ging ich ans Telefon. Plötzlich trank er. Er trank so dermaßen schnell, das man glauben konnte, er wäre ausgehungert. Zur nächsten Flaschenzeit probierte ich wieder diese Lage  des Flaschen gebens aus und was soll ich sagen: Lag er auf dem Sofa und ich gab ihm einfach so teilnahmlos die Flasche, dann trank er. Sobald er in meinem Arm lag beim Flasche geben, gab es nur Geschrei. Beim Wickeln versuchte ich dann auch, die typischen Babyspielereien beiseite zu legen und ihn einfach kurz und knapp auszuziehen, Windel wechseln, sauber machen, anziehen. Supi. Nun hatte ich ein Kind, dem man kein Lächeln abgewinnen konnte, kein Blickkontakt mit uns hielt, keine Nähe wollte. Ich gab natürlich diesem Kaiserschnitt mit all den Komplikationen die Schuld, denn ich hatte ja keine Möglichkeit, richtige Wärme bzw. eine richtige Bindung mit meinem Kind aufzubauen.
Sobald mein Mann von der Arbeit kam, nahm er mit den Jungen ab, ging mit ihm Spazieren, damit ich ein wenig Schlaf nachholen konnte. Aber natürlich hielten diese Spaziergänge keine Ewigkeit.  Meine Nerven lagen blank und das lies ich natürlich an meinem Mann aus. Blieb ja nicht aus.

Zwei Jahre nach der Geburt unseres Sohnes beschlossen wir zu heiraten. Ob die Idee zu diesem Zeitpunkt gut war, wußte ich nicht, da unsere Beziehung durch unseren Sohn einen totalen Knackpunkt erreicht hatte.
Unser Sohn wurde älter, aber seine Art wurde für uns fast unerträglich. Diese Zustände sprach ich immer wieder beim Kinderarzt an, aber man wurde ja nur mit „das sind nur Phasen“ oder „sie müssen sich besser durchsetzen und die Sanktionen verschärfen“ vertröstet. Ich wechselte in dieser Zeit drei Mal die Kinderärzte, langsam hatten wir hier kaum noch Auswahl, aber von allen hörte ich immer nur das gleiche.
Im Sommer, kurz vor seinem 3. Geburtstag, tobte er mal wieder quer durchs Wohnzimmer. Ich ging raus, um eine zu rauchen, meine Nerven lagen mal wieder blank. Mein Mann hatte Spätschicht und war nicht daheim. Plötzlich ein lautes Geschrei. Ich lief ins Wohnzimmer und sah schon überall das Blut. Es lief meinem Sohn vom Kopf und verteilte sich überall. Ich schrie nur laut los, was meinen ältesten Sohn alamierte. Während ich den Kleinen auf den Arm nahm und Richtung Badezimmer lief um die Wunde mit Kompressen etwas zu lindern, lief mein Großer zur Nachbarin rüber. Diese kam auch sofort und wir führen in die Klinik. Dort angekommen war ich bereits blutüberströmt. Zwei Schwestern kamen mir sofort entgegen, wollten mir den Jungen abnehmen, damit sie mich „verarzten“. Habe den Irrtum schnell aufgeklärt und mein Sohn wurde sofort verarztet. Seine Platzwunde am Kopf wurde geklammert und wir durften nach 1 Stunde wieder das Krankenhaus verlassen. Man gab mir noch schmerzlindernden Saft mit. In der Zwischenzeit hat mein ältester Sohn meinen Mann informiert und dieser traf zeitgleich mit uns zuhause ein. Unser Sohn regte sich kaum. Wir glaubten immer noch an einen Schock. Als ich ihm den Saft geben wollte, verweigerte er diesen. Das kannten wir vorher nicht. Er sprach kaum noch. Irgendwie zog er sich zurück.
Wieder suchte ich einen Kinderarzt auf und bat um Überweisung ins SPZ. Diese Überweisung wurde mir verweigert, da er sich normal entwickelte und alles andere, lt. Aussage der Kinderärztin nur „Phasen“ seien. Ich konnte es nicht mehr hören. Ich war mir sicher, er zeigte Verhaltensauffälligkeiten, wieso glaubte mir keiner.
Er redete nur noch das notwendigste zuhause, aber meistens schrie er. Er spielte anders. Er fing an seine Autos immer in der gleichen Anordnung aufzustellen. Dies machte er auch mit seinen Stöcken, die er draußen sammelte oder mit Steinen. Das war seine Art zu spielen.
Seine Wutausbrüche wurden schlimmer, so dass ich eines Tages (es war an seinem 3. Geburtstag) meine Geduld verlor. Wir hatten bereits die Geburtstagsgäste im Haus, es war relativ laut und unser Sohn fing an, mit Gegenständen auf uns und auf die Gäste zu schlagen. Da zog ich meinen Latschen aus und schlug zu. Es war wohl der schlimmste Moment im meinem Leben. Ich habe meinen Sohn auf eine Art geschlagen, dass mein Mann mich bremsen musste. Als ich mich wieder sortiert hatte, rief ich sofort das Jugendamt an. Ich schilderte die Situation und bat um Hilfe, da ich nicht wusste, wie lange ich mich weiterhin unter Kontrolle behalte und ich wollte meinem Sohn vor mir selber schützen. Auch hatte ich schon zwei Monate zuvor bei einem Kinderpsychiater angerufen. Dort stand ich auf der Warteliste. Als die Dame vom Jugendamt hörte, dass ich bereits auf der Warteliste stehe, sagte sie nur „dann sind sie in guten Händen, wird schon alles werden“. Das war es. Was wird denn werden? Schalten die sich erst ein, wenn man sich nicht mehr unter Kontrolle hat und sein Kind totgeschlagen hat? Ich begriff die Welt nicht mehr. Diese ganzen Vorfälle fanden immer nur zuhause statt. Gingen wir irgendwo mit unserem Sohn hin, war er das liebste Kind. Er saß auf unserem Schoß bzw. daneben, sagte nichts, schrie nicht, kuschelte sich immer bei uns an, so das wir diese Zeit mit unserem Sohn genossen. Es passierte auch oft, das er plötzlich anfing zu fiebern oder zu zittern, wenn wir wieder irgendwo fremd waren. Dann musste ich kurze Zeit später immer mit ihm nach Hause. Dies beunruhigte mich aber weniger, da ich das von mir als Kind ja auch kannte. Die Leute sahen also immer nur einen ganz lieben und ruhigen Jungen, wenn wir irgendwo waren, unseren Erzählungen, dass er zuhause der Teufel in Person ist, glaubte uns niemand.
Kurz nach seinem 3. Geburtstag kam er dann in den Kindergarten. Mir graute davor. Ich sah ihn schon förmlich an mir kleben und hörte sein Geschrei, wenn ich den KiGa verlasse. Aber nichts von dem traf ein. Er lies alles über sich ergehen, wie mit einer Puppe. Ich konnte gehen, ohne dass er auch nur eine Regung zeigte. Im Kindergarten sprach er nicht. Er spielte dort für sich, malte oder puzzelte. Wenn ich ihn abholte, spielte er oder saß irgendwo. Die Erzieher trösteten mich, da er noch relativ jung sei und alles andere würde mit der Zeit schon kommen. Aber es kam nichts. Nur, wenn ich ihn abholte und die Kindergartentür hinter uns zu ging, platzte plötzlich alles aus ihm raus. Er bekam einen Tobsuchtanfall. Man konnte die Uhr nach stellen, immer beim Abholen. Dieser hielt meist an, bis wir zuhause waren. Manchmal kam dann auch schon wieder der Nächste. Ich glaubte, es läge an mir. Scheinbar fühlte er sich im KiGa wohl, aber nicht zuhause.
Dann stand die Vorschuluntersuchung im KiGa für die Vierjährigen an. Unser Sohn verweigerte auch diese Untersuchung. Die Amtsärztin bat um ein Gespräch und glaubte an Angstzuständen. Nach meinen ganzen Schilderungen meinte sie, es wäre gut, wenn ich einen Psychiater aufsuchen würde. Zumindest glaubte sie meinen Schilderungen. Dafür war ich ihr schon einmal dankbar. Kurze Zeit später erhielt ich dann einen Anruf vom KJP. Endlich hatte ich einen Termin und dieser dauerte auch nur noch eine Woche. Ich glaubte mich am Ziel, aber es sollte noch schlimmer kommen.
Zum ersten Termin sollte ich mein Kind mitbringen. Eigentlich wollte ich gerne erst einmal ein Gespräch unter vier Augen führen, aber das wurde abgelehnt. Also fuhr ich mit Kind zum KJP. Ich musste ein Formular ausfüllen und anschließend wollten sie meinen Sohn messen und wiegen. Er verweigerte. Zwei Arzthelferinnen schnappten ihn und stellten ihn auf die Waage. Er wehrte sich und sprang sofort wieder runter. Ich nahm ihn auf den Arm. Im Besprechungszimmer verkroch er sich sofort unter den Tisch. Der Arzt flösste mir irgendwie ein mulmiges Gefühl ein, ich schob es auf meine Nervösität. Mein Kleiner störte das Gespräch, wie er es immer macht, wenn er mitbekommt, das ich über ihn spreche. Er trat gegen den Tisch und den Stuhlbeinen. Der Psychiater zog ihn unter dem Tisch hervor und setzte ihn mit einem Hau-Ruck auf einen Stuhl, hielt ihn an den Armen fest und sagte: „Hier bleibst du jetzt sitzen!“ Die Art fand ich so was von daneben. Als eine weitere Unterhaltung aufgrund der Störungen von meinem Sohn nicht möglich war, beendete der Psychiater die Besprechung, übergab mir sehr viele Fragebögen und gab mir Termine zur Diagnostik. Ich verlies die Praxis und musste erst einmal tief durchatmen. Ich fühlte mich nicht wohl, aber da musste ich jetzt durch. Zum ersten Diagnostiktermin brachte ich die ausgefüllten Fragebögen wieder mit. Nach 10 min. wurde der Diagnostiktermin abgebrochen aufgrund Verweigerung meines Kindes. Ich erhielt einen neuen Termin zur Besprechung (allein). Als ich zwei Tage später wieder die Praxis betrat und ich zum Psychiater gebracht wurde, teilte er mir folgendes mit: „Eine Diagnostik ist unmöglich, ihr Sohn verweigert alles (nach 10 min.!). Nach Auswertung der Fragebögen komme ich zu dem Resultat, das ihr Sohn an einer angeborenen Kindheitsdepression leidet. Zur weiteren Diagnostik gebe ich ihnen eine Überweisung in die KJP…… zur vollstationären Aufnahme“. Ich war empört. Ich nahm die Überweisung, zerriss diese vor den Augen des Arztes und sagte nur: „Mich sehen sie hier nicht wieder“. Damit verließ ich die Praxis, bereits mit total verweinten Augen. Wer sollte mir jetzt noch helfen?

Mein Kampf begann. Der Kampf um meinen Sohn. Der Kampf meines Lebens. Ich war noch nie eine Kämpferin, dazu bin ich nicht geboren. War ich doch immer der stille, zurückhaltene Typ, der kaum den Mund aufmachte und alles immer nur schluckte. Nun sollte sich alles ändern….für meinen Sohn….für meine Familie.

Alles weitere später im nächsten Post „Unser Weg zur Diagnose“.

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