Dieser Post ist einem 10 jährigen Autisten gewidmet, dem sein Autismus sehr peinlich ist und sich als defekt sieht. Hier noch einmal der Link zu dieser tollen Aktion: Brief an einen Autisten.
Mit diesem Brief möchte ich an der Aktion beitragen:
Hallo,
ich bin
selbst Autistin und habe einen Sohn, der ebenfalls 10 Jahre alt ist und
Asperger-Autist.
Als ich in
deinem Alter war, fand ich alles doof, zumal ich damals auch noch nichts wusste
von meiner Diagnose und überhaupt nicht verstehen konnte, warum alles so ist
wie es ist. Hört sich jetzt sicher etwas kompliziert an, aber damals glaubte
ich, an mir sei einfach alles verkehrt und ich war ständig auf der Suche nach
dem Sinn des Lebens. Ich probierte so viel aus und scheiterte genau so oft. Meine
größte Leidenschaft war das Lesen und das ist bis heute auch so geblieben. Ich
habe alles verschlungen, was es so zum Lesen gab und versuchte mich mit jedem
Helden aus meinen Büchern zu identifizieren, aber meistens waren es nur die
traurigen Kapitel, in denen ich Ähnlichkeiten herausfiltern konnte. Das liest
sich jetzt vielleicht alles etwas traurig, aber so traurig und einsam war mein
Leben nicht. Ich hatte noch drei Geschwister und meine Cousine, die mich immer
wieder aus meinem für mich tristen Alltag herausholten und mich überall mit
hinnahmen, so das ich nur wenig Zeit fand, meinen Gedanken freien Lauf zu
lassen. Einen richtigen Rückzugsort hatte ich damals auch nicht, da ich mir
mein Zimmer noch mit meinen drei Geschwistern teilen musste und so baute ich
mir eine kleine Höhle mit Decken, welches mein Reich war und wo ich meine Ruhe
fand, wenn ich mal allein sein wollte. Mein bester Freund war ein kleiner
Teddy, dem ich all meine Sorgen und Freuden mitteilen konnte. Er hörte mir zu
und war immer zur Stelle, wenn ich ihn brauchte. In der Schule war ich nicht
gerade die beste Schülerin, gehörte so immer zur „Mittelklasse“. Das Lernen ist
mir immer sehr schwer gefallen, aber ich habe das Klassenziel immer mit müh und
Not geschafft. Meine Lieblingsfächer waren Deutsch und Englisch. Sport war mir
immer ein graus.
Mein Sohn,
der ja in deinem Alter ist, ist ein kleiner Computer-Freak. Seine derzeitige
Lieblingsbeschäftigung ist Minecraft (welches wohl auch sein derzeitiges Spezialinteresse
ist). Es macht mir wahnsinnig viel Spass, ihm beim erkunden und bauen seiner
Minecraft-Welt zuzuschauen. Ich finde es total faszinierend, mit welchem Eifer
und Ehrgeiz er dabei ist. Bevor er sein Interesse für Minecraft entdeckt hat,
war es Star Wars. Er hat alle Filme immer und immer wieder geschaut und konnte
die meisten Dialoge schon mitsprechen. Er hat so viele Bücher von Star Wars
gelesen und alles gesammelt, was er dazu so fand. Unter anderem natürlich auch
die Force-Attax-Sammelkarten, die er dann mit seinen Freunden tauschen konnte.
Mein Sohn
ist ein sehr guter Schüler, obwohl er nach eigener Aussage gar nicht gerne in
die Schule geht und viel lieber seine „kostbare“ Zeit am PC verbringen würde. Aber
das ist sicher eine ganz normale und gesunde Denkweise eines 10-jährigen
Kindes. Computer gab es in meiner Kindheit noch nicht, aber ich bin der
Meinung, wenn es das damals schon gegeben hätte, dann wäre ich wohl auch ein
PC-Freak geworden. Dank des Computers bzw. des Internets kann man sich als
Autist wunderbar mitteilen, seine Gedanken in Blogs niederschreiben, virtuelle
Freunde finden und an tollen Aktionen teilnehmen, so wie diese Briefaktion.
Ich könnte
jetzt noch stundenlang weiter schreiben, denn ich denke, ich hätte dir noch
eine Menge zu erzählen, aber sicher erhältst du aufgrund dieser Aktion so viele
Briefe, das du gar nicht mehr zu deinen Hobbys kommst und die sollten und
dürfen auf gar keinen Fall zu kurz kommen.
Ich wünsche
dir alles Gute und hoffe, dass ich vielleicht auch mal etwas von dir zu lesen
bekomme.
Zu guter
Letzt möchte ich dir noch meinen Lieblingssatz auf den Weg geben: „Sei täglich
der beste Autist, der du sein kannst“ – mehr geht nicht.