Freitag, 4. Oktober 2013

Ja sagen und Nein meinen



Wie oft habe ich anderen schon gesagt, du musst auch mal „Nein“ sagen können. Denk auch mal an dich.
Aber wie oft stehe ich selbst vor diesem inneren turbulenten Konflikt mit dem gedanklichen Nein und ausgesprochen wird immer wieder dieses JA! 
Seit meiner Diagnose führe ich ein „Das-hast-du-gut-gemacht“-Heft. In diesem Heft schreibe ich mit Datum alle Dinge rein, die ich bewältigt habe, obwohl sie mir nicht leicht gefallen sind. So habe ich z.B. beim Einkaufen eine Verkäuferin angesprochen, da ich ein bestimmtes Produkt nicht gefunden habe (wäre mir früher im Traum nicht eingefallen) oder ich habe den Geburtstag meines Sohnes allein mit 5 Kindern in einer mir vollkommen fremden Umgebung verbracht (in den Jahren davor hatte ich immer Unterstützung dabei).
Ich trage dieses Heft immer bei mir, damit ich in für mich schwierigen Situationen daran denke, das ich wieder etwas neues eintragen kann, wenn mir etwas „unüberwindbares“ im Wege steht. Nur der Gedanke an diesem Heft hat mir schon sehr viel Mut gemacht auch mal etwas für mich Neues auszuprobieren. So nun auch das Wort „Nein“. Selbstverständlich musste mein Mann für mein offenes Nein als erstes herhalten, aber es ist mir gelungen, es auszusprechen und auch zu begründen. Mein Mann wollte am Wochenende mit seinem Freund gemeinsam ein Bundesligaspiel schauen und damit kein schlechtes Gewissen den Frauen gegenüber hochkommt, glaubten die beiden Männer, sie könnten uns mit einem Essen friedlich stimmen und während der Fußballzeit sollte ich mit der Frau die Zeit verbringen. Da ich selbst auch gerne Fußball schaue, wäre dies alles kein Problem für mich gewesen. Zum einen kenne und mag ich diese Frau und zum anderen sind ja auch noch die Männer dabei und drittens, es wäre bei uns zu Hause gewesen. Also wäre dies alles für mich in Ordnung und ich habe dieser Idee zugestimmt. Aber da mein Mann ja sehr spontan ist und er kurzfristig noch zwei Karten für das Spiel erhalten hat, wollte er nun mit seinem Freund die Fahrt auf sich nehmen und das Spiel Live im Stadion sehen. In meiner Abwesenheit hat er seinen Freund von den Karten telefonisch in Kenntnis gesetzt und gleichzeitig gemeint, die Frauen können ja die Zeit gemeinsam verbringen. Himmel Herrgott, das wären mit Hin- und Rückfahrt zum Stadion und der Spielzeit gute 7 Stunden gewesen, die ich mit der Frau des besten Freundes meines Mannes verbringen müsste. Innerlich stieg schon wieder Panik in mir auf, was sollte ich denn 7 Stunden machen? Wir haben nicht wirklich gemeinsame Interessen bzw. Gesprächsthemen, die mich 7 Stunden überstehen lassen würden. Aber genau in diesem Moment, als mein Mann mir von seiner doch so tollen Idee berichtet hat, haben ich laut gemeint: „Nein – auf gar keinen Fall“. Ich habe ihm mitgeteilt, warum und wieso dies auf keinen Fall geht und dass ich nicht möchte, das er meine Freizeit einfach so verplant. Er war ganz erstaunt darüber, zeigte jedoch Verständnis und ich bat ihm, sich etwas einfallen zu lassen, was er nun der Frau seines Freundes erzählt, warum ich nicht bereit bin, diese geschätzten 7 Stunden mit ihr zu verbringen.
Ich war und bin immer noch stolz wie Bolle, das ich es geschafft habe, einfach mal „Nein“ zu sagen. Natürlich hätte ich mich nicht auch noch rechtfertigen müssen für dieses Nein, aber ich wollte meinem Mann natürlich auch die Gründe dafür mitteilen, vor allem, damit er in Zukunft nicht einfach über mich hinweg entscheidet.
Nun bin ich gespannt, ob es beim nächsten Mal auch so „einfach“ klappt, das ich dieses Wort so schnell wieder raus bringe. Der Anfang ist getan und nun schauen wir mal…