Samstag, 18. Juli 2015

Danke für deine Freundschaft - Offener Brief



Letztens hat eine inzwischen für mich lieb gewonnene Freundin einen offenen Brief auf ihren Blog gepostet, der mich sehr traurig gemacht hat.

Dieser Brief machte mich nicht nur traurig, sondern auch sehr nachdenklich und wieder mal musste ich feststellen, welch ein Glück ich in meinem Leben gehabt habe, das ich immer Menschen um mich herum hatte, die mich unbewusst beschützt und in ihr Leben integriert haben, damit mir so etwas nicht passiert und mich immer so angenommen und akzeptiert haben, wie ich bin. Von daher möchte auch ich hier nun einen offenen Brief schreiben, gerichtet an einen Menschen, der mein Leben geprägt und in die richtige Richtung geführt hat, denn ohne sie wäre ich  wohl nie wirklich im Leben angekommen.

Liebe T.,
heute haben wir kaum noch Kontakt zueinander, dennoch bist du für mich die beste Freundin, die man sich nur wünschen kann. Ich kann es gar nicht wirklich in Worte fassen, bei dir durfte ich immer so sein wie ich bin. Du mochtest mich, ich war während der Schulzeit und auch darüber hinaus auch deine beste Freundin. 
Obwohl du in der Schule wohl das meist beliebteste Mädchen warst, bist du nie von meiner Seite gewichen. Wenn du von den Jungs gefragt wurdest, ob du mit Fußball spielen möchtest, hast du dies immer nur bejaht, wenn ich auch mitspielen durfte. Bei den Mädchen war es ähnlich, du hast immer so gehandelt und reagiert nach dem Motto:"Nichts ohne meine beste Freundin". Dank dir wurde ich in der Klasse einigermaßen integriert und war nicht wirklich eine Einzelgängerin, auch wenn ich mich immer so gefühlt habe. Dank dir wurde ich bei Mannschaftsspielen während des Sportunterrichtes nie als letzte gewählt. Du hast mich immer mitgezogen, egal was war. 

Während des Unterrichtes hast du es geschafft, in meinem Chaos Ordnung zu machen, so dass ich dem Unterrichtsstoff ohne große Probleme folgen konnte.
An Tagen, wenn du nicht in der Schule warst, klappte kaum etwas bei mir. Die Pausen waren für mich die Hölle, ich war allein unter vielen, im Unterricht konnte ich nicht wirklich folgen. Im Nachhinbein betrachtet, wäre ich ohne dich in der Schule gescheitert. Zur damaligen Zeit kannte man das Wort "Schulbegleiter/Integrationshelfer" noch nicht, aber du hast schon damals diese Rolle übernommen, ganz uneigennützig und selbstverständlich, einfach nur aus Freundschaft zu mir.

Unsere Freundschaft hat sehr lange angehalten. Ich muss heute immer wieder schmunzeln, wenn ich an deine erste Verabredung mit einem Jungen zurückdenke.Du warst total hibbelig im Bauch und hast mich zu diesem Date einfach mitgenommen. Den Blick von M. werde ich wohl nie vergessen :-)
Auch als du deinen Mann kennengelernt hast, war ich die erste, der du ihn vorgestellt hast. Momente, die mir sehr wichtig waren und mir für ewig in Erinnerung bleiben.

Danach haben wir uns aus beruflichen Gründen nur noch sehr selten gesehen. Aber als wir uns Monate nach deiner Hochzeit (die die nur in kleinen Rahmen mit Familie und enge Freunde gefeiert hast und auch ich mit anwesend sein durfte) zufällig begegnet sind und du mich gefragt hst, wie es mir ginge und ich dir mitgeteilt habe, das ich schwanger bin, hast du angefangen zu lachen, mich in den Arm genommen und mir erzählt, das du ebenfalls schwanger bist. Während der Schwangerschaft haben wir uns selten gesehen, aber viel miteinander telefoniert. Wir standen immer in Kontakt.

Unser wohl glücklichster und zeitgleich lustigster Moment war wohl die Zeit im Krankenhaus kurz nach der Entbindung meines ersten Kindes. Du hast mich am 2. Tag nach der Geburt mit deinem Mann besucht und am 3. Tag nach der Geburt kam dein Mann allein zu mir, ganz freudestrahlend und teilte mir mit, das du nur zwei Zimmer weiter liegst und ihr nun eine Tochter habt. Du warst immer bei mir - obwohl dein Entbindungstermin noch 5 Wochen vor dir lag. Deine Anwesenheit im Krankenhaus hat mir viel Sicherheit gegeben, ich war nicht mehr allein unter all diesen Fremden. 

Ganz stolz war ich, als du mich gefragt hast, ob ich Patentante werden möchte. 
Du hast mein Leben bereichert, mir Sicherheit geboten und mir aufgezeigt, was wahre Freundschaft bedeutet. Eine Freundschaft, die 30 Jahre bestand hatte, bis kurz nach der Geburt meines 2. Kindes.
Da trennten sich unsere Wege. Nicht wegen eines Streites oder irgendwelchen Unstimmigkeiten. Nein, ich zog mich zurück. Obwohl ich damals noch nichts vom Autismus meines Sohnes oder von meiner eigenen Diagnose wusste, das Leben mit meinem 2. Kind stellte bei mir alles auf den Kopf. 8 Jahre haben wir uns danach aus den Augen verloren, bis zu dem Tag, als eine Einladung zu einem Klassentreffen anstatt. Du hast mich angerufen und nachgefragt, ob ich hingehen würde, ansonsten würdest du dort auch nicht erscheinen. 

So verabredeten wir uns am Tage des Klassentreffens vor der Gaststätte und gingen gemeinsam zu diesem Wiedersehen aus der Schulzeit nach 31 Jahren. Und wieder hast du dort sofort die Rolle der Integrationskraft für mich übernommen. Du bist nicht von meiner Seite gewichen, selbst den Gang zur Toilette haben wir, wie früher, gemeinsam gemacht. Diese 8 Jahre Trennung hat nichts geändert an unserer Freundschaft. Ich habe dir auch sofort alles erzählt von der Diagnose meines Sohnes, du hast alles ganz wissbegierig aufgenommen. Auch als ich dir von meinem eigenen Verdacht auf Autismus erzählte, hast du so toll reagiert und gemeint, "dadurch ändert sich doch bei uns nichts. Für mich warst du nie anders oder seltsam. "

Danke!!!!

Ein großer Dank geht auch an meine Mama und meine Cousine. Euch werde ich auch noch einen Dankesbrief widmen.
Es gibt nur wenige Menschen, die mein Leben so geprägt haben, wie ihr es getan habt.
Neben meiner Familie die wichtigsten Menschen, denen ich begegnen durfte.

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