Heute
hatte ich endlich das lang ersehnte Gespräch in der Schule.
Es
war zwar nicht der von mir gewünschte runde Tisch, aber immerhin ein
Gespräch mit einer kompetenten Lehrerin, und davon habe ich bis zum
heutigen Datum noch nicht viele an der Schule kennen lernen dürfen.
Kurz
nachdem ich in ihr Büro ging dachte ich schon „ohje, noch eine von
diesen Experten“, denn sie sagte mir gleich „Der Diagnosebericht
von B. ist ja bereits 5 Jahre alt, ich dachte erst, den müssen sie
aber erst einmal erneuern lassen. Aber dann habe ich mich erkundigt
und erfahren, das man Autismus ein Leben lang hat“.
Mein
erster Gedanke war Flucht. Ich war nicht bereit, mit einer Dame zu
sprechen, die für Integrationskinder und Nachteilsausgleich
zuständig ist und keine Ahnung von ihrem Aufgabenbereich hat. Aber
zum Glück lenkte sie sofort wieder ein und stellte mir die erste
Frage. Meine Antwort war wohl nicht so, wie sie es sich gewünscht
hatte, denn sie schlug sich sofort die Hände an den Kopf und sagte
nur „das glaub ich jetzt nicht“. Diese Bewegung mit der gleichen
Äußerung folgte dann noch weitere fünfmal. Sie glaubte nicht, was
ich ihr erzählte, was so in den letzten 8 Wochen seit Schulbeginn
alles gelaufen ist bzw. eben nicht gelaufen ist.
Sehr
sympathisch wurde sie mir bereits nach ihrem ersten Fluch, als sie
dann ihre „pädagogisch wertvollen“ Wörter wegließ und öfters
auch mal ein „Schei… - oh sorry“ oder so rüber kam.
Alles
in allem kurz zusammengefasst und um nur einige Beispiele hier zu
nennen, war ein großes Thema der 6-wöchige Judounterricht,
Schwimmen sowie die Klassenfahrt.
Sie
verstand die Welt nicht mehr, nachdem ich ihr von unseren ganzen
Bemühungen berichtet habe, wie wir versucht haben, mit der Schule
bezüglich einzelner Gespräche in Kontakt zu treten und ständig auf
taube Ohren und fehlende Rückrufe stießen.
Sie
selbst hat von unserem „Fall“ erst in der letzten Woche vor den
Herbstferien erfahren und sofort diesen Termin mit mir vereinbart.
Nach den Herbstferien war sie eine Woche auf einer Fachtagung und
somit ging es leider nicht früher, wofür sie sich immer und immer
wieder entschuldigte. Das sie diesen Termin, der für mich eine
Ewigkeit gedauert hat (genau 8 Wochen) so dringend gemacht hat, habe
ich heute gemerkt, nachdem ich auf den Vertretungsplan der Schule
geschaut habe und sie extra für dieses Gespräch zwei
Unterrichtsstunden ausfallen ließ.
Zum
Ablauf des Judounterrichtes glaubte sie ihren Ohren nicht zu trauen
und fragte mehrfach nach, ob unser Sohn wirklich verpflichtet war,
trotz Absprache zwischen dem Judolehrer und unserem Therapeuten, das
B. barfuß mit machen musste und zudem auch noch die Prüfung
absolvieren musste.
Nachdem
ich ihr dann die Situation mit dem Schwimmen erwähnte, sagte sie
gleich, da wird er natürlich befreit – wir müssen nur schauen, ob
er in dieser Zeit in eine andere Klasse geht oder aber in dieser Zeit
der sonderpädagogische Teil in Form einer Förderstunde in Frage
käme. Gut, das sehe ich ein, da könnten wir mit leben.
Nebenbei
erwähnte ich kurz, das es ja schade wäre, das B. nicht an der
Klassenfahrt teilnehmen darf, weil er ja aufgrund des Schwimmproblems
ausgeschlossen werden soll aus versicherungstechnischen Gründen, war
sie wiedermal (und ich weiß nicht, wie oft in dieser kurzen Zeit)
ganz erstaunt und meinte sofort“ Man kann doch einen Autisten bzw.
ein besonderes Kind, welches gerne mit zur Klassenfahrt möchte,
nicht aus solchen Gründen aus der Klassengemeinschaft nehmen. Wer
hat denn das gesagt?“ Ich antwortete ihr, das mir dies von Seiten
der Klassenlehrerin und auch des Rektors mitgeteilt worden ist. Auch
erwähnte ich noch, das es ja auch möglich wäre, das ich mich
während der Klassenfahrt in der Nähe aufhalten könnte für den
Fall, das die Klasse Schwimmen gehen würde und B. dann ja nicht
daran teilnehmen kann/darf/will. Sie fand das eine wunderbare Idee
und fragte auch gleich wieder nach, was denn die Klassenlehrerin von
dieser Idee halten würde. Noch bevor ich antworten konnte, kam ein
„ach ja, sie haben ja nie die Möglichkeit erhalten, mit der KL zu
reden“. Auch die Klassenfahrt wird sie noch in dieser Woche mit der
KL, dem Rektor und der Sportlehrerin ausdiskutieren und weiterhin die
Schwierigkeiten, die sich bei meinem Sohn im Sport noch so ergeben
könnten.
Nach
ca. 45 Minuten war das Gespräch beendet. Nicht, weil ich kein
Gesprächsstoff mehr hatte, sondern weil die gute Frau offen und
ehrlich zugeben musste, das sie dies alles erst einmal verdauen
müsse, Pläne vorbereiten und vor allem aber ganz dringend
Gespräche mit den Kollegen führen muss.
Wieder
entschuldigte sie sich bei mir für das Verhalten, welches mir
entgegengebracht wurde und unser Sohn schon in so kurzer Zeit in der
neuen Schule alles schlucken musste.
Nächste
Woche habe ich bereits den nächsten Termin bei ihr, diesmal
gemeinsam mit der Klassenlehrerin und einer Dame, die für den
sonderpädagogischen Förderbedarf zuständig ist. Hier werde ich mir aber auf jeden Fall dann Unterstützung mitnehmen müssen, denn die KL wird ein harter Kern.
Den
Nachteilsausgleich haben wir kurz angesprochen, dieser kann aber erst
nach dem Gespräch nächste Woche genauer erörtert werden. Auf
jeden Fall wird es in den nächsten Wochen einige Mehrstunden für
die Lehrer geben, in denen mein Sohn aus dem Unterricht
herausgenommen wird zwecks Erstellung des Gutachtens.
Zuhause fiel mir erst ein, das ich vergessen hatte, nach dem Termin für den zugesagten runden Tisch zu fragen (aber vielleicht ist es ja nächste Woche schon ein "halbrunder" Tisch?)
Umgesetzt
werden kann der sonderpädagogische Förderbedarf allerdings erst
frühestens im Mai 2016, aber das empfinde ich wiederum nicht als so
schlimm, da ich immer noch der Meinung bin, das B. nicht wirklich
diesen Förderbedarf benötigt, zumindest nicht in dem Ausmaß, wie
es die Schule gerade auslegt. Manchmal hilft schon ein wenig
Menschlichkeit, Freundlichkeit, Verständnis, vernünftige und klare Ansagen,
bessere Erklärungen und eine gute Umsetzung von positiven
Inklusionsgedanken – denn Inklusion beginnt im Kopf.
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