Sonntag, 8. März 2015

Das Für und Wider beim Loben

Lange Zeit wusste ich nicht, warum ich es nicht mag, wenn man mich für Dinge lobt, die doch fast schon selbstverständlich sind (für mich zumindest) und dann konnte ich mich über diese Art von Lob auch nicht wirklich freuen. Zu Zeiten, als ich meine Eltern pflegte, haben mich die Nachbarn immer gelobt, wie viel Zeit ich mit und für meine Eltern aufbringe. Warum lobt man mich dafür? Meine Eltern haben doch auch ihre Zeit „geopfert“, um mich auf das Leben vorzubereiten und waren immer zur Stelle, wenn ich Hilfe benötigte. Warum also sollte ich dies dann nicht auch für meine Eltern machen, wenn sie nun Hilfe benötigen. Eine Selbstverständlichkeit für mich und nichts besonderes, dass ein Lob wert wäre. Als meine Mutter einen Schlaganfall erlitt und sie hilflos auf dem Sofa lag, als ich nach der Arbeit zu meinen Eltern fuhr und sie dort liegen sah und nun schnell reagieren musste, um den Notarzt zu alarmieren. Für dieses Telefonat, wo mir keine Zeit zum Zurechtlegen von der  richtigen Wortwahl blieb, keine Zeit einen Notizzettel und einen Stift griffbereit neben dem Telefon zu legen, dafür hätte man mich loben dürfen. Denn Telefonieren ist für mich eine Überwindung, die sehr viel Zeit kostet und Nerven.
Richtig bewusst wurde mir das mit dem falschen bzw. richtigen Loben aber erst, als mein Sohn beim Einschulungstest einen Overload hatte aufgrund eines für ihn falschen Lobes. Mein Sohn musste ein Bild zeichnen mit einem Menschen. Man wollte testen, ob er beim Menschen malen an alles denkt (Augen, Nase, Mund, 5 Finger und Füße, etc.) Er malte ein Strichmännchen mit allen notwendigen Merkmalen, aber dieses Strichmännchen hatte einen langen und einen kurzen Arm sowie zwei ungleiche Füße und riesige Ohren. Es war kein schönes Bild aus der Sicht meines Sohnes. Aber zur Auswertung für die Einschulung war es genau richtig, da es nur auf die Merkmale ankam, nicht auf die Schönheit. Das sah mein Sohn aber nicht und konnte mit diesem Lob „Das hast du ganz toll gemacht“ nichts anfangen und war der Meinung, dass alle anwesenden nur Lügen würden. Dies ist ein falsches Lob gewesen und damit konnte er nicht umgehen. Richtig wäre es gewesen, wenn man ihm erklärt hätte, dass es auf die Merkmale ankommt und ihn für die richtige Lösung der Aufgabenstellung das Lob ausgesprochen hätte, nicht für das Gesamtbild.
 Uns ist es beim Loben sehr wichtig, dass wir für Dinge gelobt werden, die wir in Situationen gut machen, obwohl sie für uns schwierig sind in der Art der Ausführung.

Ein weiteres Beispiel des falschen Lobes ist, wenn ich mich überwinde und zum Friseur gehe. Dies fällt mir unwahrscheinlich schwer, weil mich die vielen Spiegel verrückt machen und dort immer viel Smalltalk gehalten wird. Wenn ich mich dann aber mal überwunden habe und nach Hause komme und mein Mann meine neue Frisur lobt, ist dies ein falsches Lob für mich. Jede andere Frau würde sich über so ein Kompliment vielleicht freuen, ich nicht. Denn wenn mein Mann meine Frisur lobt, dann ist dies die Arbeit bzw. Leistung der Friseuse. Lobt er mich, weil ich es mal wieder geschafft habe zum Friseur zu gehen, dann ist es für mich ein aufrichtiges und ehrliches Loben.

Kritik kann ich sehr gut wegstecken und auch gut mit umgehen. Ich nehme es an, es beschäftigt mich auch, versuche aber gleichzeitig auch zu überlegen, was oder wie ich es hätte besser machen können. Über Kritik bin ich auch nicht böse, ganz im Gegenteil, es spornt mich an, es beim nächsten Mal einfach besser zu machen.


Mein Sohn ist ein guter Schüler und in seinen schriftlichen Arbeiten bringt er überwiegend nur Einser mit nach Hause. Fächer, die ihm nicht so liegen, da kommen dann auch mal Zweier oder Dreier als Note nach Hause, was ja immer noch gute Zensuren sind. Würde ich ihn aber nun für eine Zwei oder Drei Loben, dann fehlt ihm das Verständnis, da ein Lob nur bei einer Eins gerechtfertigt ist, da dies der Beweis für eine fehlerfreie Arbeit ist. Bei allen anderen Zensuren sind Fehler enthalten und Fehler dürfen seiner Meinung nach nicht gelobt werden. Dies musste ich auch erst lernen, denn bei den Zensuren habe ich es nie so gesehen. 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen