„Ich liebe
dich“ oder „Ich hab dich lieb“ – Wie oft werden diese Worte ausgesprochen und
entgegengenommen, ohne das man das besondere daran hört, bemerkt oder „sieht“?
Ich kann
diese Frage nicht beantworten, denn ich gehöre zu den Menschen, die diese Worte
sehr selten über die Lippen bringen. Nicht, weil ich nicht lieben kann oder
geliebt werde, sondern weil ich nicht fähig bin, diese Wörter im richtigen
Moment auszusprechen bzw. in der richtigen Tonlage. Bei mir käme ein „Ich hab
dich lieb“ wahrscheinlich genau so emotionsvoll rüber wie „Ich habe Hunger“
oder „Ich bin müde“.
Ich kann
mich an eine Situation erinnern, bei der ich es meinem Mann einmal mitgeteilt
habe. Es war noch ziemlich früh am Anfang unserer Beziehung. Ich glaubte, ich
müsste es ihm sagen, damit er weiß, wie es in mir gerade ausschaut. Aber ich
habe es wohl so trocken gesagt und im gleichen Atemzug mit vielen anderen
Sätzen, das er es nicht wirklich wahrgenommen hat. Danach habe ich es nie
wieder gesagt. Er fragt mich öfters, ob ich ihn noch lieb habe oder so und ich
antworte dann halt kurz und knapp mit einem Ja. Inzwischen hat mein Mann es gelernt
und akzeptiert, dass er solche Worte von mir nie zu hören bekommt und ist
deswegen nicht böse oder enttäuscht. Wenn er diese Worte zu mir sagt, ist es
so, das ich in diesen Momenten schon fast ein schlechtes Gewissen bekomme, da
ich es nie so sagen kann. Ich versuche es halt auf meine Art und Weise und es
scheint zu funktionieren, denn wir verstehen uns oft auch ohne Worte und das
ist mir sehr wichtig.
Mein
kleiner Sohn ist mir da sehr ähnlich. Auch von ihm haben wir noch nie ein „Ich
hab dich lieb Mama“ oder ähnliches gehört. Seine Art mit uns zu reden ist stark
tagesformabhängig. Oftmals hat er einen sehr diktatorischen Ton an sich, selten
gibt es ein „Bitte“ oder gar „Danke“. Von außen hört sich das sicherlich sehr
gefühlslos an, aber man gewöhnt sich mit der Zeit an vieles, auch an die Art
mit uns zu reden. Auch mit Betitelungen unserer Familie gegenüber ist er nicht
gerade kleinlich und dann kommt es halt oft auch zu Auseinandersetzungen
zwischen mir und meinem Sohn, da er es oftmals ironisch meint, ich Ironie aber
nicht immer erkenne und schon eskaliert es zwischen uns.
Während er
in der einen Sekunde in einem sehr unwürdigen Ton mit uns spricht, passiert es
auch, das er in der nächsten Sekunde mit unwahrscheinlich viel Wärme in der
Tonlage uns etwas mitteilt. Es ist bei ihm wirklich extrem scher einzuschätzen,
wie bzw. was er dann gerade damit ausdrücken will, da ich die schnell
wechselnden Tonlagen einfach nicht auseinander halten kann.
Gestern war
wieder so ein Moment. Nun steht die Klassenfahrt bevor und wir bereiten alles
vor. Während ich ihn nun frage, was er so mitnehmen möchte und es ihn total
langweilt und ich auch eine dementsprechende Antwort erhalte, die mich fast
schon wieder in den Wahnsinn treibt (RW), kommt plötzlich ganz unsicher diese
Frage von ihm, die mich heute noch innerlich total aufwühlt. Die Kinder
sollen/dürfen Briefmarken und eine Liste mit Adressen mitnehmen, damit sie
evtl. Ansichtskarten schreiben können. Natürlich erwarten wir dies von unserem
Sohn nicht, denn das wäre total untypisch für ihn. Gestern dann die erste
Frage: “Soll ich euch eine Karte schreiben?“
ICH: „Darüber
würden wir uns sehr freuen. Musst du aber nicht, nur wenn du es wirklich
möchtest“.
Sohn: „Was
schreibe ich denn dann?“
Ich: „Vielleicht,
wie es dir gefällt oder das du gut angekommen bist?“
Sohn: „Kann
ich auch schreiben: Ich habe euch ganz doll lieb“
Der Dialog
war meinerseits unterbrochen. Diese Worte!!! Mir kamen die Tränen, so habe ich
noch nie reagiert bzw. empfunden, wenn mir dies jemand sagt. Mein Sohn hat
gerade diese besonderen Worte ausgesprochen, wenn auch nur als Frage, auf die
wir von ihm nun seit fast 10 Jahren warten. Er hat es uns ja auch noch nie auf
eine andere Art gezeigt, in dem er uns mal in den Arm genommen hat oder einfach
nur fest gedrückt hat. Er mag die körperliche Nähe nicht.
Nachdem ich
mich wieder einigermaßen gefangen hatte, antwortete ich endlich mit einem „Das
wären die schönsten Zeilen, die du uns schreiben könntest“.
Die
Unterhaltung war beendet und er widmete sich wieder anderen Dingen. Auch ich
musste meine gerade ausgeführte Tätigkeit unterbrechen und mich erst wieder
gedanklich sortieren.
Es war einer
der schönsten Momente, die ich nicht in Worte fassen kann.
Ich denke
und hoffe aber, dass einige diesen besonderen Moment gerade sehr gut verstehen
und nachempfinden können. Es ist etwas Besonderes für uns…
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