Ich
bin ein Mensch, der mit wenig Schlaf auskommt. Nicht, weil ich diesen
nicht brauche oder nie müde bin. Schlaf habe ich immer überbewertet,
konnte nie verstehen, warum andere so gerne oder so lange schlafen.
Richtlinien
zufolge sollten Kinder je nach Alter ca. 11 Stunden Schlaf bekommen,
Heranwachsende bis zu 9 Stunden und ein ein gutes Maß bei
Erwachsenen sind ca. 6-8 Stunden Schlaf.
Bei
mir sind es ca. 3-4 Stunden Schlaf, aber das schaffe ich nicht einmal
in eins durch, sondern mit Wachphasen zwischendurch. Meine bisherige
Vermutung lag immer darin, das ich nicht ausgelaugt genug war, habe
nicht genug Power in den Tag investiert und müsste meine Zeit
zwischen körperlicher und geistiger Anstrengung besser aufteilen,
damit auch ich in einen wohlverdienten Schlaf falle.
Wenn
ich abends ins Bett gegangen bin, dauerte es auch nicht lange, bis
sich meine Augen schlossen und ich eingeschlafen bin. Wurde ich wach,
fühlte ich mich ausgeschlafen, schaute auf die Uhr und musste mit
Entsetzen feststellen, das ich erst 1-2 Stunden geschlafen habe.
Dieser Schlafrhythmus hält bei mir bis zum Morgengrauen an, dann
darf/kann ich endlich aufstehen. Die Nacht ist bei mir immer eine
Qual, auch wenn ich abends müde und erschöpft bin.
Letztens
hatte ich über Facebook PN-Kontakt mit einer Mutter, deren Sohn ebenfalls die
Nacht gerne zum Tag macht und mit wenig Schlaf auskommt. Wir haben
lange hin und her geschrieben und während dieses
Nachrichtenübertragung kamen bei mir immer mehr Gedankengänge zum
Vorschein. So hatte ich viele Ähnlichkeiten mit der Schlaflosigkeit
ihres Sohnes. Ihr Sohn bekommt nachts ständig Overloads, findet dann
nicht mehr in den Schlaf. Tagsüber selten bis gar keine Overloads –
wie bei mir. In meinem Kopf gab es ein wildes Gedankenkarussell. Gibt
es Zusammenhänge zwischen unserer Schlaflosigkeit und den Overloads?
Es hat mir keine Ruhe gelassen und so wählte ich in der vergangenen
Nacht einen eher ungewöhnlichen Weg für meine Nachtruhe.
Bevor
ich Schlafen ging, versuchte ich mich zu triggern. Ich provozierte
ganz bewusst einen Overload bei mir herbei. Da es bestimmte Dinge gibt, die
mich sehr leicht triggern lassen, ließ ich es zu, das ich bis zum
Äußersten ging und ich konnte es ebenfalls zulassen, das ich meinen Overload
„die Tür öffnete“.
In
all den Jahren, in denen ich nicht wusste, warum ich so bin, wie ich
bin, habe ich gelernt, mich anzupassen. So sehr, das ich erst, wenn
ich allein war, es zulassen konnte, meine Wut, Hilflosigkeit, Überforderung oder Ängste raus zu lassen. Mit Familie
ist es dann noch schwieriger, diese Tür zu öffnen, denn man möchte
es auch nicht zeigen, ich zumindest nicht. Dadurch konnte ich nachts
alles raus lassen, wozu ich am Tage nicht in der Lage bin. In der
Familie und unter Freunden darf ich Autistin sein und ich lebe seit
meiner Diagnose auch gut und offen damit, einfach anders zu sein und
das ist auch gut so. Aber meine Overloads sind und bleiben „meine“
Overloads, die möchte ich auf keinen Fall mit anderen Teilen – was
nicht immer leicht ist, aber aufgrund meiner Lernfähigkeit zum
Anpassen und meiner „egoistischen Phase“, mich bei Bedarf
zurückzuziehen, kann ich dieses „steuern“. So habe ich es
gestern Abend auch „gesteuert“ und mich triggern lassen. Ich
hatte noch vor dem Zubett gehen einen Overload, konnte demzufolge
auch sehr schlecht einschlafen, aber als es dann soweit war und ich
in den Schlaf gefunden habe…. 8 Stunden Schlaf mit zwei kleinen
Unterbrechungen – Wow – Rekordleistung. Nun ist es nicht so
wunderbar, wie es sich vielleicht gerade liest, denn ich bin mit
starken Kopfschmerzen erwacht, die mich schon den ganzen Tag
begleiten, einen Overload bewusst herbeizuführen, gehört auch nicht
gerade zu einem Ritual, welches ich mir angewöhnen möchte und
jeder, der selbst schon in einem Overload drin war bzw. Kinder hat
und ständig erleben muss, wie es ist, der weiß, das dies keiner
freiwillig machen möchte. Aber es war ein Experiment und ich werde
es heute noch einmal starten. Einfach um zu sehen, ob ich weiter an
mir arbeiten muss, damit ich lerne, einen Overload zuzulassen, wenn
er raus möchte und es nicht unterbinde, nur weil ich gerade nicht
allein bin. Meine Familie wird es verstehen, akzeptieren und
hinnehmen. Jetzt muss ich erst einmal verstehen, akzeptieren und
hinnehmen, das ich nicht alles in mich hineinfressen darf, sondern es
zwischendurch auch mal rauslassen darf.
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